Willy Thomsen
 




  • Auszug aus dem Vorwort von Dr. Meyer-Tönnesmann,
    Altonaer Museum 

     

    Willy Thomsen (1898- 1969)

     

    „900 Bilder eines vergessenen Hamburger Malers auf dem Dachboden entdeckt!“

    Diese Sensationsmeldung, die im Sommer 1987 durch die Presse ging, ließ norddeutsche Kunstliebhaber aufhorchen:

     

    Siebzehn Jahre nach dem Tod des Altonaer Malers und Graphikers Willy Thomsen waren seine Bilder auf spektakuläre Weise wieder an das Licht der Öffentlichkeit gelangt. Den großen Fang machte ein Antiquitätenhändler, als im September 1986 der Nachlaß des verstorbenen Künstlers Willy Thomsen in der Holländischen Reihe Nr. 105 in Ottensen aufgelöst wurde. Frau Thomsen, geb. Pilhofsky, war die Witwe des 1969 in Altona verstorbenen Künstlers, mit dem sie seit 1936 verheiratet war.

     
    Zunächst kamen fast 900 Bilder zum  Vorschein: Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken; Gemälde verschiedener Formate und 
    Thematiken, auf Leinwand, Holz, Pappe und Papier. Thomsens Lebenswerk versteckt auf dem Dachboden.

     
    Durch umfassende Recherchen ist es dann einem Kunsthändler gelungen, das Gesamtwerk Willy Thomsens zusammenzutragen und auf über 1500 künstlerische Darstellungen zu ergänzen.

     

    Wer war Willy Thomsen?

    „Den Namen Willy Thomsen muß man sich einprägen“ hieß es im Dezember 1935 in einer Hamburger Tageszeitung anläßlich einer Sonderausstellung im Altonaer Museum. Noch heute befindet sich das Gemälde mit dem Titel „Marschlandschaft“ (63,5 x 79 cm, Inv.Nr.1934/293, Abb. in Kat. Schausammlung „Landschaftsgalerie“,Hamburg 1970, S.66) im Besitz des Altonaer Museum.

     

    Zehntausende Hamburger Zeitungsleser kannten W. Thomsen, denn als langjähriger Pressezeichner ab 1944 beim „Hamburger Anzeiger“ und ab 1949 beim „Hamburger Abendblatt“ genoß Willy Thomsen den Vorzug, seine zeichnerischen Fähigkeiten fast täglich einem großen Publikum in reproduzierten Bildnisgraphiken unter Beweis stellen zu können. Thomsen mit Rohrfeder oder Tuschpinsel festgehaltene Typen- Porträts Hamburger Originale gehörten in den 50er Jahren zu den beliebtesten Illustrationen des „Hamburger Abendblattes“. In seiner Liebe zur Karikatur steht Thomsen dem etwa gleichaltrigen Hamburger Maler Rolf Böhlig (1904- 1979) nahe, der vor dem Krieg als Pressezeichner für das „Hamburger Tageblatt“ tätig war. Für die Rubrik „Menschlich gesehen“ und für Kulturbeiträge über Musiker, Dichter und Prominente lieferte Thomsen zahlreiche treffende Porträtskizzen von Vivien Leigh über Karl Muck und Gorch Fock bis hin zu Maurice Ravel und Clemens Brentano.

     

    Friedrich Wilhelm (Willy) Thomsen wurde am 25. Dezember 1898 in Altona geboren. Sein Studium an der Kunstgewerbeschule in Hamburg bei Wilhelm Niemeyer (1874- 1960, Kunsthistoriker) und Julius Wohler (1867- 1953, Maler; im Vollmer- Künstlerlexikon, Leipzig 1962, Band IV, Seite 447, heißt er irrtümlich Julius „Kohler“) beschloß er 1921 mit dem Examen als Zeichenlehrer. Mit 23 Jahren wurde Thomsen freischaffender Künstler und beteiligte sich regelmäßig an Hamburger und Altonaer Ausstellungen.

     

    Die Hauptmotive seiner naturalistischen Kunstauffassung fand er in der norddeutschen Geest- und Marschlandschaft der Elbe sowie im Hamburger Hafen. Hier zeichnete und malte er Schlepper und Fleete, Werften und Kräne und natürlich die Hafenarbeiter. Thomsens Ansichten der dem Abriß geweihten Hamburger Altstadt beispielsweise gehörten zu den besten Werken der Ausstellung „Malereien aus dem Gängeviertel“, die 1933 im Hamburger Kunstverein, damals noch an der Alten Rabenstraße, stattfand.

     

    Die Landschaftsdarstellungen aus den 20er Jahren lassen die innere Verwandtschaft zu dem ihm persönlich bekannten Emil Nolde erkennen, dessen Liebe zur schleswig- holsteinischen Westküste er teilte. Anläßlich einer Ausstellung religiöser Gemälde von W. Thomsen im Altonaer Museum schrieb ein Kritiker 1935 über ihn: „Die Nolde- Nähe, in die sich Thomsen stärker als früher begeben hat, dürfte ein Durchgang für ihn sein. Dafür bürgt seine Farbphantasie, der Reichtum seiner Palette, der sich in den Aquarellen bekundet...“

     

    Thomsens religiöse Gemälde waren Ausdruck seiner düsteren Stimmung und inneren Zerrissenheit in jener Zeit, die sich auch in den wenigen Selbstbildnissen der 30er Jahre offenbart. 1935 bewunderte man die visionären Darstellungen überzeichneter biblischer Figuren in surrealen Landschaften, das „unheimlich starke Leben“ in den religiösen Szenen von Thomsen, dem sicherlich die vergleichbaren Werke von Arthur Illies bekannt gewesen sind, und zeigte sich dankbar für solche inbrünstigen Schilderungen: „So lernt man von ihm schauen...“(Hamburger Anzeiger).

    Als Lohn erhielt Thomsen den Auftrag der Gemeinde Moorburg, in der dortigen Kirche eine Auferstehungsszene über die Eingangstür zu malen.

    Seine Weggenossen Arthur Illies, Heinrich Stegemann, Friedrich Schaper, Heinrich Rode, Henning Edens oder Paul Melchen und er – um noch einige bekannte Hamburger Maler zu nennen – konnten 1933 natürlich nicht das Wohlwollen der Jury bekommen als sie ihr Führerportrait abgaben.

     

    Seit 1932 hatte Thomsen sich stärker auf das Feld der Gebrauchsgraphik und der Buchillustration verlegt. Er gestaltete Werbeplakate für Firmen, Postkarten und Exlibris. Mehrfach wurden seine Plakatentwürfe, u.a. für Reedereien, prämiert. Buchillustrationen finden sich zum Beispiel in Martin Luserkes „Krake kreuzt im Nordmeer“ und in Wilhelm Scharremanns „Katen im Teufelsmoor“. Thomsens Zeichnungen sind sicher in der Strichführung und der Auffassung des Wesentlichen.

     

    1942 verbrachte Thomsen eine längeren Studienaufenthalt in dem Dorf Buchholz bei Burg/ Dithmarschen. Die dort entstandenen Landschaftsbilder stellte er in den Räumen der Deutschen Buchgemeinschaft am Großen Burstah in Hamburg aus. Auch diesmal wurde ihm von der Kunstkritik „reiche Begabung“ und „hohe Qualität“ bescheinigt. Die Ausstellungseröffnungsansprache von Wolf Schramm wurde 1942 in vollem Wortlaut in den „Hamburger Nachrichten“ abgedruckt.

     

    In einem eigenen Aufsatz „Maler in der Landschaft“ legte Thomsen in jener Zeit Bekenntnis ab von seiner Liebe zur norddeutschen Landschaft und der Ehrfurcht vor der Schöpfung. „Göttliches Walten“ offenbarte sich für „die suchende Seele“ des Malers einzig in der Natur:“...Ein Menschenleben reicht nicht aus, sie zu erschöpfen.“

     

    Wiederholt war Thomsen an den Ausstellungen „Junge Altonaer Kunst“ im Altonaer Museum beteiligt. Nach dem Krieg stellte Thomsen erstmalig wieder 1946 in der Galerie Brach (Eppendorfer Landstraße) seinen 31 Blätter umfassenden Graphik- Zyklus „Gebärden des Lebens“ aus. Es folgten Präsentationen seiner Zeichnungen und Aquarelle 1946 bei Benedix (Gemäldeschau Colonaden 47), in der Galerie Louis Bock (Große Bleichen) und 1948, anläßlich seines 50. Geburtstages, im Rauhen Haus. Sein „vortrefflicher Farbensinn“ und die „wirklichkeitsnahe Darstellungsweise wurden stets hervorgehoben.

     

    Seinen gewaltigen neuen Schwerpunkt bewies er dann in den 50er Jahren mit weit über 400 abstrakten Darstellungen.

     

    Willy Thomsen fand Anschluß an die Moderne. Angesichts der nun auch in Hamburg ausgestellten Werke von Klee, Kandinsky, Hartung, Winter oder Nay und unter den Eindruck der vielfältigen Gestaltungsweisen Picassos verließ Thomsen das Feld seiner gestisch- expressiven Malerei und brachte durch abstrahierende Flächen – „Kompositionen“ (die er auch häufig so betitelte) seine neue innere Vorstellungswelt zum Ausdruck, über die er sich in 

    – unveröffentlichten- Niederschriften Rechenschaft ablegte:

    „So ganz anders ist dieses Malen. Es will die Komposition, die sich aus der vom Naturalismus gelösten, freieren Gestaltung ergibt. ..... Da baut sich dann eine Welt auf, anfangs etwas verworren, aber von erregender Kraft, gewinnt allmählich Form , bis die Geburtsstunde einer Schöpfung da ist.“

     

    Willy Baumeisters berühmte Abhandlung über „Das Unbekannte in der Kunst“ erschien 1947 – Thomsen mag ähnliche Gedanken bewegt haben. Die bis dahin offensichtlich nicht wahrgenommenen Möglichkeiten der Abstraktion boten ihm nach dem Krieg die Chance zur künstlerischen Befreiung von schwermütigen Themen. Aus der verwirrenden Fülle neuer Ansätze nach der „Zeitwende“ 1945 suchte sich Thomsen eigene Wege zur Bewältigung des Vergangenen.

     

    Die Welle der „Informellen Malerei“, die in den 50er Jahren von Paris aus Europa überflutete, läßt ihn den Malprozeß verstärkt als schöpferischen Vorgang begreifen, der eine abstrakte Darstellung fordert. Dennoch führt es ihn gelegentlich in den Hamburger Hafen zurück, der ihm Zeit seines Lebens so vielfältige Motive geboten hatte. Auf Reisen an die Ostsee und nach Sylt sowie in der Auseinandersetzung mit historischer Literatur erschließt sich Thomsen weitere Anregungen.

     

    Den vielfältigen Einflüssen der europäischen Nachkriegsmalerei weiß Thomsen neue Akzente abzugewinnen, die ihn zu qualitätvollen, eigenständigen und bisweilen konstruktivistischen Leistungen führen. Thomsens Werke aus seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten sind Ausdruck eines Zeitgefühls, das überall im Nachkriegsdeutschland schon „in der Luft gelegen“ hatte; sie beeindrucken in einigen hervorragenden Bildern durch den ungetrübten Reichtum an Farbe, die Befreiung von formalen Verbindlichkeiten und eine gewisse Spontaneität.

     

    Es folgten Ausstellungen u. a. in New York. Dieses wurde in der Weltkunst

     2/ 1952 mit folgendem Bericht gewürdigt:

     Deutsche Aquarelle in NewYork

     

    In der Kunstabteilung der New Yorker öffentlichen Bibliothek fand im Dezember eine Ausstellung deutscher Aquarelleund Kunstdrucke statt. Vertreten waren Willy Thomsen (Hamburg), Klaus Wrage (Eutin), Prof. Hans Orlewski (Berlin), Vera Jansen (New York), Peter Knut Hansen (New York), Liselotte Popp (München) und Dora Brandenburg-Polster (Böbing, Obb.) mit insgesamt 44 Werken. Die Ausstellung hatte gute Rezensionen. Vermittelt wurde diese Ausstellung durch eine Gruppe, die sich „Freunde der N.Y. Quäker“ nennt und die schon vor fünf Jahren die erste deutsche Kunstausstellung nach dem Kriege in New York veranstaltete.

                                                                                              G.P.

                                 

    In den späteren Arbeiten des Malers Thomsen kommt eine originäre künstlerische Sehweise zum Ausdruck. Sie findet in den abstrakten Kompositionen ihren Höhepunkt, in denen sich Thomsen endgültig vom Naturalismus löst und den Schritt zu farbigen und formalen Experimenten vollzieht.

     

    Zu seinem 60. Geburtstag im Jahre 1958 würdigte das „Hamburger Abendblatt“ Thomsen als einen „betont norddeutschen Künstler“, der „thematisch und formal vielseitig“ arbeite.

     

    Eine Auswahl der Gemälde der früheren Schaffensperiode Willy Thomsens stellte Watraut Schäfer schon im Sommer 1987 in ihrer Galerie in Hamburg- Hohenfelde aus. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die abstrakten Arbeiten der späteren Jahre bereits in Hamburger Privatbesitz.

     

    Im Frühjahr 1990 wurde das Auktionshaus Kuhlmann + Struck mit einer Sonderausstellung „ Arbeiten aus den 50er und 60er Jahren“ beauftragt.

      

    Auszug Künstlerlexikon Vollmer 


    Vollmer-Name:                     Thomsen, Willy

    Zweitname:                           Thomsen,  Friedr. Willy

    Geschlecht:                           m

    Künstler. Beruf:                    Maler, Graphiker

    GEO-Nachweis:                    Deutschland

    Staat (1990):                        Deutschland

    Geburtsdatum:                      1898.12.25

    Geburtsort:                            Hamburg-Altona

    Letzte Erwähnung:                (vor) 1962

    Erwähnungsort:                     Hamburg-Altona

    Fundstelle:                             Vollmer VI, 1962, 447; Vollmer IV, 1958, 441
    Literatur:

    Vollmer, Rump, Katalog Landschaftsgalerie Altonaer Museum,

    Katalog der Meister des 20. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle 1969

     
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